Tom de Toys ist kein intellektualer Metaphoriker, wie sie in der zeitgenössischen Lyrikszene häufig anzutreffen sind. Er meint alles wortwörtlich so, wie er es schreibt. Und da seine Gedichte ins Mystische hineinreichen, erweist sich sein Ansatz der sogenannten "Direkten Dichtung" als ein Wagnis, das er aber schon 1993 im Gedicht "MYSTISCHES WAGNIS" leichtfüßig bewältigt, wenn es da heißt: "zermalmt / im weißen loch / der seele und ... die erdenzeit beginnt / zu leuchten". Was da im Werkquerschnitt mit 90 ausgewählten Gedichten zermalmt wird, ist die Illusion des Ich, von der Alan Watts einmal sprach. Zwischen dem Auftaktgedicht "KONTAKT" von 1989 mit den Zeilen "zwischen zwei körnern / staub / schritte im meer" und der Variation desselben Themas in den Zeilen "tiefgang findet sich nicht / in den dingen / sondern zwischen ihnen" im finalen Gedicht "WEXELWIRKUNG" von 2015 finden wir eine klare, unverschnörkelt spirituelle Sprache für esoterische Bewusstseinszustände, die das Paradoxe nondual überwinden. Auf den Punkt gebracht ist das in "NULLPUNKTEN" von 2011 mit den Zeilen "ist das nicht der wahnsinn / ALLES IST DA / und wir sind mittendrin" oder auch schon 2005 in der "ÜBERGRÖßE" (siehe Advaita-Ausgabe des Magazins "connection spirit"), wenn es heißt: "du mußt nicht glauben / um die welt in ihrer vollen größe / zu erkennen du / mußt nicht denken und / noch nicht einmal verstehen / du darfst einfach / so erleuchtet sein". Dieser Gedichtband ist ein ekstatischer Bewusstseinsritt von der ersten bis zur letzten Zeile. Manche Stellen erinnern mich an Hans Arp, andere an Ernst Meister. Und durch alle Gedichte weht der Wind des "Lochismus", der mir mit Zen und Taoismus verwandt zu sein scheint. De Toys hat seinen ganz eigenen und eigenwilligen Stil, sein Ton trifft direkt in die Seele, ohne die Umwege einer blumigen Bildersprache zu bemühen. Seine Poesie ist psychologisch und transpersonal. Nach der Lektüre ist mir das Gedicht "GOTTLOSES GEBET" so klar, dass ich lachen muss: "es gibt kein nirgendwo / zum flüchten der / bezugspunkt liegt / im absoluten / jetzt". Mehr lässt sich kaum dazu sagen, ich fühle mich selber jetzt "BODENLOS VERWURZELT WIE EIN STERN". Ausnahmelyrik!
Tom de Toys: BODENLOS VERWURZELT WIE EIN STERN - erweiterte 2.Auflage: 99 Gedichte für Freigeister 1985-2015
Über das neue, reich bebilderte Buch 'SYMPTOMFREI OFFLINE' unseres LDL-Gastautors Tom de Toys mit allen Gedichten aus der Coronaphase, einigen relevanten metapoetologischen Essays und ausgewählten Rezensionen lässt sich nach schnellem Durchlesen schon sagen: Auf den ersten Blick könnte man fälschlicherweise meinen, die sogenannte NEUROPOESIE stehe in der Tradition einer subtilen Antipoesie, weil seine antimetaphorische 'direkte' Dichtung in ähnlicher Weise die Dinge beim Namen nennt anstatt sich hinter einer hermetischen Symbolistik zu verstecken, die große Antworten auf nicht gestellte Fragen vortäuscht. Aber genau das kennzeichnet die NEUROPOESIE in ihrem menschlichen Bedürfnis, die wirklich 'letzten' Fragen (auf die viele Menschen vor lauter vernebelndem Infotainment gar nicht mehr kommen!) laut und deutlich zu artikulieren und sogar absolut konkrete Antworten zu liefern, die eben keiner metaphysischen Ideologie huldigen, sondern die Wahr-Nehmung selbst thematisieren, um vorhandene Wahrheit zu entblößen! Dieser allererste Lyrikeinzelband des Jahres 2023, der sich einerseits keiner Mikroszene anbiedert, aber andererseits zu allen Seiten experimentell offen und formal neugierig bleibt (von Politlyrik über Liebeslyrik bis zu Haikus und echten Versen), entzieht sich den marktkonformen Kategorien des Literaturbetriebs und beweist wieder einmal, dass ein Freigeist nur seinen kreativen Impulsen folgt, um die Königsdisziplin der Literatur zu retten - eine inspirierend autarke Haltung als existenzielles Gegengift gegen die Tendenz zu online-hypnotisierten Hirn- und Haltungsschäden!
Tom de Toys: "SYMPTOMFREI OFFLINE - 60+3 brauchbare Texte" (2020-2022):
45 neue definierte Gedichte, 4 definierte Essays und 11 definierte Rezensionen
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