Wenn Dein Denken glaubt, dass sich hinter dem Wörtchen ICH ein ganzer STUHL verstecke, auf dem es dank seiner Gedankenkraft irgendwie heimlich sitzen könne, so meint es natürlicherweise auch, dass sich durch Anhalten seines Gedankenflusses der Stuhl in NICHTS auflöse und erst dann auf unerklärliche Weise wieder erscheine, wenn das Denken fortgesetzt würde. Dass es sich bei dem Wörtchen ICH aber weder um einen metaphysischen Stuhl "an sich" handelt noch um einen Tisch oder ein Bett, sondern nur um ein nichtssagendes simples WORT, das sich dazu eignet, auf den Mund hinzuweisen, der jeden noch so komplizierten Gedanken des Gehirns laut ausspricht, das will das Denken nicht wahrhaben. Es verabscheut den Gedanken, dass es sich selber meint, wenn es über sein sogenanntes Ich nachdenkt. Es möchte mehr sein, als nur dieser nicht zu stoppende Gedankenfluss, um etwas zu sein, das die Gedanken zum Stillstand brächte.
Aber gleichzeitig erhofft sich das Denken, hinter dem Wörtchen Ich eine Ichlosigkeit zu entdecken, dank derer das Ich wie der magische Stuhl verschwindet. Und darum konzentriert sich das Denken mit aller Mühe darauf, nicht mehr zu denken, um das selbst eingebildete Ich wieder los zu sein. Dieser erstaunliche Umweg zur angeblichen Erleuchtung ist dem Denken so selbstverständlich, dass es gar nicht bemerkt, dass es noch nie ein derartiges Ich hatte, das dessen eigene Existenz einerseits aufgrund der Verwendung des Wörtchens behauptet und andererseits darunter leidet, dass dieses Wort daran schuld zu sein scheint, dass die Ichlosigkeit nur dann erfahrbar wird, wenn das Denken komplett aufhört zu denken.
Dabei ist es viel leichter und unkomplizierter, einfach dem Denken das Denken zu überlassen und daraus kein großes Ding zu machen, sondern sich nebenbei über die unendliche Leerheit aller Dinge zu freuen. Dann spürt das Gehirn seine eigentliche Bestimmung: die ganze Welt wahrzunehmen und die totale Kommunikation durch die Sinne zu zelebrieren. Jetzt hat das Denken begriffen, wofür seine Wörter gedacht sind: dem sinnlich Erlebten NAMEN zu geben - von ganz innen bis ganz draußen!
Biochemie bin! Großhirnrinde bin! Beide Ohren bin! Augen bin! Mund bin! Haut bin! Herzschlag bin! Füße bin! Boden bin! Erdmittelpunkt bin! Sonne bin! Sterne bin! Galaxien bin! Universum bin! Nichts bin! Das bin! Das ist wahrlich keine Zauberei. Aber es holt den Zauber des Seins in die poetische Erfahrung zurück. Die Erfahrung des Ganzen seiner selbst. Das erwachte Universum. Das ganze unendliche ICH. Das DAS.
AUTOR: Tom de Toys, 13.9.2024 © POEMiE™, entnommen aus: "DAS ABSOLUT WAHRE BUCH"
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