"die in der deutschsprachigen, etablierten satsang-szene inhärente nihilistische grundhaltung... nach meiner erfahrung hat das mit nondualität wenig bis gar nix zu tun. wer zwischen absolut und relativ trennt und keinerlei zusammenhänge oder gar einheit der beiden pole erkennt, befindet sich nach wie vor in der dualität und hat lediglich die seiten gewechselt. in dem sinne ist der ausspruch 'neti, neti' oder meinetwegen auch form=leerheit, leerheit=form, die knappste und genauste beschreibung dessen, worum es beim erwachen geht. ganz mensch, ganz nichts, ganz alles und zugleich nichts von alledem. für mich höchst erstaunlich und unbegreiflich (kann's echt kaum glauben und will es auch irgendwie nicht glauben), dass das kaum einer vom spirituellen establishment verkörpert."

Evar Trops, 1. April 2017



ALLES NICHTS - ODER?

Vom dichotomen Ping-Pong der Spiri-Szene

 

Die (deutsche) Spiri-Szene, soweit ich sie bislang kennengelernt habe, lässt sich grob gesagt in zwei Lager unterscheiden: die Nihilisten und die Bambis.

Während die Nihilisten auf der Leere bestehen, frohlocken die Bambis über die Fülle.

Beiden Strömungen gemein ist das Beharren auf Untätigkeit. Vorausgesetzt wir klammern der Präzision halber mal Esoterik und traditionelle Disziplinen wie Yoga und Meditation aus.

Für die Nichts-Jünger und -Prediger gibt es nichts zu tun (oder verantworten), weil da ja kein Täter ist, niemand, der was tun könnte, während für die Bambis nichts zu tun ist, weil ja alles schon vollkommen, schön, wunderbar, perfekt und damit die pure Liebe ist, Alles eins, schwelg...

Damit haben beide Gruppierungen auf ne Art lediglich die Seiten gewechselt. Sich aus dem, was 'Normalsterbliche' für die Wirklichkeit erachten, verabschiedet und sind, in philosophischen Termini ausgedrückt, vom materialistischen Weltbild zu einem (jeweils leicht anderen) idealistischen Weltbild gewechselt. Beide Moves sind zwar durchaus notwendige Zwischenschritte, können jedoch nicht das Ende aller philosophischen Probleme (und damit den Beginn nondualen, 'wachen' Erlebens) markieren, da sie - da beißt die Maus keinen Faden ab - nach wie vor in der Dualität verhaftet sind, statt diese zu transzendieren. Transzendieren ist ein sehr schönes Wort, by the way, wird nur leider - zumeist von den Bambis - völlig missbräuchlich verwendet. Transcendere bedeutet auf Latein, etwas zu überschreiten. Sprich: Da liegt was im Weg rum - oder: da klafft ein Loch auf Deinem Weg - und Du machst nen großen Schritt drüber und gehst weiter... Aber im Bereich spiritueller Entwicklung bedeutet das oftmals, sich knietief erstmal in den Scheißhaufen, der einem den Weg versperrt, reinzuhocken. Da unten am Grund des Scheißebergs geht’s gen Ausgang. Denn: Um an die Wahrheit zu kommen, muss man erstmal den ganzen Bullshit durchdringen - sprich: man muss da durch. Und das wird von beiden Seiten, Nihilisten und Bambis, geflissentlich vermieden, wenn auch unterschiedlich begründet - der Effekt ist der selbe und Maya hat se alle wieder an den Eiern damit.

 

Mir deucht, die Krux mit beider Art von spiritueller Einsicht (Nichts sehen vs. Alles sehen) ist der unfassbar weit verbreitete Irrglaube, dass mit so einem singulären Ereignis der Erwachens-Käs gegessen sei. Denn: Auch wenn es bei manchen in der Folge Jahre nachwirkt, mitunter gar Jahrzehnte nachwirken kann, und fraglos auch in gewisser Hinsicht irreversibel ist, also irgendwo einen Schalter umlegt - die Maschine läuft dann zwar auf ne Art anders, aber sie läuft nunmal trotzdem weiter.

Es gilt daher, statt die Hände in den nicht vorhandenen Schoß zu legen, das Geschaute mit dem Mensch-Sein zu integrieren. Tief rein in die totale Banalität der Gewöhnlichkeit sickert da was durch. Dabei wird manches weggespült, manches einfach 'nur' an ein anderes inneres Ufer, anderes ganz raus, etc.

Man könnte auch sagen: Bewusstsein checkt, was es sich vom Menschenkostüm noch anziehen will und was nicht. Und das in jedem Moment immer wieder neu - und das sogar, obwohl es streng genommen keine Zeit gibt. Is in der Traumwelt, also Mayas Reich, nämlich scheiß egal, was es alles (nicht) gibt. Da ist die Gute pragmatisch - hauptsache es funzt und die Show geht weiter. Solang Du Mensch bist, gilt auch für Dich - ganz egal in welche Erkenntnis-Höhen Du Dich geschwungen hast: auch Du musst scheissen, fressen, schlafen und was nicht noch alles...

Das mit der geschauten Wahrheit in Einklang zu bringen, in jedem Moment, das ist genug Stoff für das ganze restliche Leben und kann irre interessant und mitunter sau-komisch sein. Vor allem ist es das pralle Leben - ohne aber so scheiß-eng und stickig zu sein wie vor dem 'persönlichen' Urknall.

 

Neti, neti, wie man so schön sagt. Das Paradox leben, obwohl man selbst ungeboren ist und damit unsterblich.

Noch paradoxer wird es, wenn ich nun sage, dass es zwar schon schier unmöglich ist, das in Worte zu packen, es jedoch nochmal unmöglicher wird, sich klar zu machen, dass das Erleben dieses unbeschreiblichen Da-Seins total simpel ist. Nicht-Zweiheit. Wobei Nicht-Zweiheit ganz und gar nicht mit Einheit oder Eins-ich-keit gleich zu setzen ist. Nun klingt's schon wieder total kompliziert für Verstandes-Ego-Ohren. Völlig klar. Umso klarer ist (mir?), dass das so beschriebene Erleben - also das, worauf die Beschreibung verweist - wirklich das Einfachste ist, was es nur geben kann. Das, was einfacher nicht sein kann, eben.

Was mir daher wirklich nicht einleuchtet ist, wieso es nur so wenige Menschen in der Szene zu geben scheint, die das auch so erleben. (?) Liegts an der Sprachbarriere - also versteh ich einfach nur was miss? So lost in translation? Oder bin ich, wie mir ja auch immer wieder mal angetragen wird, schief gewickelt? Oder ist das, was ich geschaut habe und erlebe, einfach wirklich so selten? Was wiederum hieße, dass jede Menge der spirituellen 'Vorn-Sitzer' bzgl. ihrer eigenen Entwicklung echt in den Kinderschuhen stecken, da (bislang?) keine Integration stattgefunden hat. (?) Letzteres mag ich, weil ich so ne Potential-Fetischistin bin, nicht glauben, ehrlich gesagt. Auch weil ich nicht glauben kann und will, dass ich/mein Weg was Besonderes sind. Ich halte mich für einen ganz gewöhnlichen Menschen und spreche nicht von abgehobenen Dingen - auch wenn mir das hin und wieder auch schon vorgeworfen wurde. Aber hey! Was wurde mir in der kurzen Zeit, wo ich 'auf Sendung' bin, eigentlich noch nicht vorgeworfen? Eben. :-)

Ums aufs Wesentliche runterzubrechen: Wo sind die dringend benötigten Stimmen, die sich für ne integrierte, bitter-süß-ironisch-leichte Sicht stark machen? Eine, die Weisheit und Herz integriert hat, weil sie wirklich durch alle Keller gegangen ist und dabei das dichotome Ping-Pong transzendiert hat. Ganz Mensch, ganz Nichts, ganz Alles. Sowohl als auch - und weder noch.

 

 

Autor: Egobuster (Verena), April 2017

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"Während ich mir Mühe gab, dem Blick standzuhalten, und immerzu in seine Pupillen starrte, beschlich mich das Gefühl, ins Leere zu sehen. Ja. Da war überhaupt nichts. Da war keine Persönlichkeit. Es war, als säße da eine Hülle, durch deren Einlässe ich direkt ins Vakuum blickte. Niemand. Kein Anhaltspunkt. Kein Widerstand."  Dietmar Bittrich & Christian Salvesen, DIE ERLEUCHTETEN KOMMEN (2002)

 

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