"Lasst Nahrung eure Medizin sein!", soll der Arzt Paracelsus gesagt und mit seinem Ansatz im 16. Jahrhundert in Mitteleuropa eine Umstellung in der Ernährung und in der Küche bewirkt haben. Einer der entscheidenden Wendepunkte vom Mittelalter zur Neuzeit. Ernährung und Gesundheit: Das Thema ist weiterhin – nun wohl an zweiter Stelle nach Corona – in aller Munde, der Dauerbrenner in den Medien. Damit zusammen hängt ein anderes brisantes Thema, nämlich ökologische Landwirtschaft und Gentechnologie.
Die Geschichte der amerikanischen Journalistin und Mutter Caitlin Shetterly bringt die Verbindung auf den Punkt, demonstriert die Schnittstelle. Caitlin litt jahrelang unter allergischen Reaktionen auf gentechnisch veränderten Mais. In den USA enthalten fast alle Lebensmittel, sogar die in Bioläden, kleine Mengen an GMO-Mais. GMO bedeutet "Genmodifizierte Organismen". In Deutschland heißt dies meist GV, genverändert.
Nachdem ein Arzt schließlich die Ursache für die unerträglichen Schmerzen, die Übelkeit und die Hautausschläge herausgefunden und die radikale Ernährungsumstellung auf Ökoprodukte geholfen hatte, recherchierte die engagierte Journalistin in den USA und auch in Deutschland. Es wird in ihrem Buch "Genbombe. Wie sich genmanipulierte Lebensmittel unbemerkt in unser Essen schleichen" deutlich, wie die von Monsanto und anderen Konzernen eingeführten genveränderten Maissorten riesige Anbaugebiete im Mittleren Westen zu Monokulturen verschandelt haben, wo kein Grün mehr zu sehen ist. Denn dieser Mais ist genetisch so präpariert worden, dass er schädliche Insekten tötet – leider aber auch nützliche. Und er ist resistent gegen Herbizide wie Glyphosat. So sehr sich die Farmer in den USA zunächst freuten, dass der neue Mais so gut gegen alle Widersacher geschützt zu sein scheint – ist das Insekten-Gift nun nicht im Mais selbst vorhanden? Essen das nicht die Tiere und wir Menschen? Und auch diese Unkrautmittel-Resistenz-Gene. Was bewirkt das im Nahrungskreislauf? Die Zahlen sind alarmierend. Immer mehr Menschen können auch hierzulande nicht mehr mit den herkömmlichen Antibiotika behandelt werden.
Der international anerkannte Wissenschaftsphilosoph Steven M. Druker hat in seinem umfangreichen und sehr detaillierten Buch "Altered Genes, Twisted Truth", das in den USA großes Aufsehen erregte (in Deutschland gerade erschienen unter dem Titel "Manipulierte Gene-verdrehte Wahrheit"), den Finger auf die Verschleierungstaktiken der Gentechnik-Industrie im Agrarbereich gelegt. Ich konnte es beim Lesen kaum glauben, wie da nachweislich in den USA und Europa die wichtigsten Gremien und Behörden für die Sicherheit der Ernährung vorsätzlich getäuscht und unterwandert wurden. Und das bis hin zu grundsätzlichen Aussagen von anerkannten Wissenschaftlern in ihren Büchern! Viele Forscher werden unter Druck gesetzt. Die milliardenschweren Firmen haben ein starkes Interesse daran, ihre GMO-Produkte weltweit zu vermarkten. Sie "fördern" die Forschung und beeinflussen Institutionen, Behörden, Politiker.
Politisch bedeutend ist auch die Leidenschaft von Prinz Felix zu Löwenstein, der sich seit über 25 Jahren als Landwirt für den ökologischen Anbau einsetzt. Und das auf vielen Ebenen und Schauplätzen, sei es bei der jährlichen "Grünen Woche" oder als Vorsitzender des Bundes "Ökologische Lebensmittelwirtschaft" (BÖLW). Sein Buch "Food Crash" macht deutlich, dass wir nur durch ökologischen Anbau die Ernährungsprobleme weltweit lösen können. Das ist vor allem Thema in Kapitel 4, das nahtlos an das dritte anschließt.
Was bedeutet das nun eigentlich: Gentechnik? Wir haben vom Klonschaf Dolly gelesen. Auch vom Fall der genetisch manipulierten chinesischen Zwillingsmädchen Lulu und Nana? Nun, die gezielte genetische Veränderung ist ein weites Feld. Sie soll hier keinesfalls generell abgewertet oder grundsätzlich verurteilt werden. In der Medizin wurde durch genetische Manipulation wertvolles Insulin hergestellt. Aus der Diagnostik und Therapie ist das Genlabor heute nicht mehr wegzudenken. Ich habe immerhin begriffen, dass Genetik neben Informatik die heute wohl wichtigste Forschungsdisziplin ist. Was da geschieht und noch möglich ist: unglaublich! Das sprengt alle bisherigen Lebensmodelle.
Die Gentechnologie stellte bisher in Deutschland – anders als in Amerika – kaum eine Gefahr dar. Weil die Bevölkerung dagegen war, es immer noch ist. Zum Glück. Doch immer wieder versuchen Konzerne wie Monsanto – seit dem 7. Juni 2018 übernommen von der deutschen Bayer AG und gerade in letzter Zeit verstärkt in den Schlagzeilen der Medien wegen hoher Schadensersatzforderungen –, Einfluss zu nehmen auf die Regelungen, drängen in den Markt. Hier ist jeder Einzelne gefordert, die Entwicklung wachsam zu verfolgen. Und das Umweltbewusstsein ist hierzulande nicht zuletzt dank engagierter Ökologischer Verbände stark ausgeprägt. Jüngster Erfolg: Das Volkbegehren in Bayern "Rettet die Bienen". Die erforderliche Anzahl von einer Million Unterschriften wurde weit übertroffen, sodass es zu einem neuen Gesetz zum Schutz der Artenvielfalt kommt, das den Einsatz von Giften in der Landschaft einschränkt. 10 % des Grünlands in Bayern sollen zu Blühwiesen, die Gewässer besser vor Dünger und Pestiziden geschützt werden und alle vom Staat bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen ohne Pestizide auskommen. Das wäre ein Riesenschritt in Richtung ökologische Landwirtschaft.
Ich denke, dass eine verbissene Haltung gegen die Agrar-Industrie, die GMO und die umweltzerstörenden Technologien meinen Bauch verkrampft und meine Sinne und meinen Geist blockiert. Ja, ich informiere mich, ich bin bei sinnvollen Aktionen dabei, kaufe viel Bio, ernähre mich gesund, so, wie ich es mag. Das Leben in diesem Moment voll zu genießen und achtsam zu sein, was mir selbst und meiner Umwelt guttut, das ist letztlich meine simple Empfehlung.
Hier noch eine Liste von Forderungen:
An die Agrartechnik-Unternehmen (Monsanto & Co)
+++ Stoppt die Produktion, die Vermarktung und den Verkauf von GVO in der Landwirtschaft
+++ Stoppt die Herstellung von Pestiziden und Herbiziden, welche die Artenvielfalt zerstören. (Glyphosat u.u.)
+++ Verbessert die Untersuchungen in der Forschung bezüglich Gesundheitsrisiken von GVO
+++ Betreibt eine faire Informationspolitik: keine Verschleierungstaktiken, Manipulationen, Drohungen und falsche Versprechungen
An die Politik und Lebensmittelbehörden
+++ Keine Freigabe von Genveränderten Mais- und Getreidesorten im Anbau in Europa. Denn: Speziell der Bt-Mais von Monsanto tötet Bienen und viele andere nützliche Insekten. Er ist resistent gegen Herbizide wie Glyphosat, die wiederum alle anderen Pflanzen vernichten.
+++ Kennzeichnungspflicht bei GV-Lebensmitteln
Denn: Die Markergene bei der „Genschere“ führen zu Antibiotika-Resistenz. GV-Tierfutter macht tierische Produkte zu Allergenen mit toxischen Proteinen.
+++ Objektive Informationspolitik
Denn: Immer noch werden die gesundheitlichen und ökologischen Risiken von GVO verharmlost und verschleiert.
An die Konsumenten/Verbraucher
+++ Unterstützt den Öko/Bio-Landbau. Kauft die gekennzeichneten Produkte!
+++ Informiert euch über die Herstellung und Bestandteile der Lebensmittel.
+++ Esst weniger Fleisch- und Milchprodukte!
Alle Hervorhebungen im Artikel erfolgten durch die LDL
Autor: Christian Salvesen, freischaffender Journalist, Autor zahlreicher Bücher, Musiker und Zeichner, www.christian-salvesen.de
Buchtipp: GENveränderte Nahrungsmittel. Risiken für unsere Gesundheit und Ernährung. Kamphausen Media, Bielefeld 2019