"See, life is spontaneous. It happens

—in the words of the Taoists zìrán 自然 , which means 'of itself so'—

that's the Chinese expression for nature, what happens by itself.

What isn’t pushed, but it just pops up, you see?"

Alan Watts

 

MENSCH IN DER MITTE OHNE MITTE

(PSYCHOSYNTHESE FÜR "HINFORT"-GESCHRITTENE)

 

Psychosynthetisch gesprochen ist es ja auch nur ein Ich-Anteil, der als "spiritueller Sucher" auftaucht, aber das Irreführende an ihm ist, dass er GLAUBT, er sei SELBER die "leere Mitte". Ich habe zwar früher bereits gewusst, dass der Sucher eine zwangsneurotische Überkompensation zur Traumatisierung darstellt, kannte aber das Trauma nicht und dachte, ein solches finden zu müssen, damit sich das "ganze Ich" endlich entspannen darf. Darüber hinaus hoffte ich, in einer "leeren Mitte" anzukommen, indem ich mich von diesen suchenden Ich-Anteil auch disidentifiziere. Erst später widerfuhr mir die Gnade des Verpuffens des Egos, das all das tut, sogar das Loslassen und Ankommen in der Leere. Erst dadurch wurde mir klar, dass Therapie und Retreats niemals vom Ego befreien können, weil dieses Ego durch solche Maßnahmen nur weiter zur Selbstaktivität aufgefordert wird. Deshalb empfinde ich die Nullyoga-Statements korrekt, dass Yoga, Meditation und jede andere Methode lediglich zu noch mehr Leistungsdruck des Egos führt, sich selbst loslassen zu wollen - anstatt los-"gelassen" zu SEIN. Ich wollte ja anfangs auch Therapeut werden (Kunsttherapeut), aber jetzt scheint mir die Paradoxie therapeutischer Effekte zu dominant, weil sie letztlich doch nur das Ego immer wieder stabilisieren. Daher auch meine Aversion gegen beliebte Archetypen wie das "innere Kind". Ich empfand das als Folter, weil ich ja die totale Disidentifikation suchte anstatt einen neuen Anker, der mir zu esoterisch, ja kitschig anmutete. Natürlich war mir die heilsame Wirkung dieser Hinwendung zum "traurigen Tom" in mir bewusst, um alle möglichen Traumatisierungen zu lockern/heilen, aber ich wollte mich nicht mehr mit einer neuen Figur identifizieren, ahnte aber noch nicht, dass das Ego selbst seine eigene absurde Blockade darstellt anstatt IRGENDEIN Trauma als erste Urfantasie. Vielleicht wäre es hilfreicher für mich gewesen, wenn die verkopfte Hinwendung zur inneren Heilung einhergegangen wäre mit körperlich-sinnlichen Techniken wie Ganzkörpermassage, Schwitzhütte oder Tantrasex. Irgendwie war mir der Körper in Gesprächstherapien zu wenig bis gar nicht involviert, abgesehen von den vielen salzigen Tränen, die man verheult! Ich war ja sowieso schon viel zu verkopft. Könnte es sein, dass KÖRPERBEZOGENE Techniken viel besser vom Ego befreien können als das Denken, Reden, Visualisieren etc, damit der Kopf endlich AUFHÖRT zu rattern und eine "mystische" Seinsfühlung zunehmen kann? Aber auch dann kann das Ego natürlich jenen Ich-Anteil verabsolutieren, der sich dementsprechend als "Sportler" oder "feinfühlig" (oder "Erleuchter", siehe mein Artikel "DIE SPIRI-PSYCHOSE") definiert, also noch immer den Körper VON AUSSEN betrachtet anstatt dieser leere Molekülhaufen "gedankenlos" zu SEIN. Von Douglas Harding (der mit Alan Watts kommunizierte) ist diese KOPFLOSIGKEIT als Hauptthema in seinem berühmten Buch behandelt worden. Er empfand seinen Kopf als nicht-vorhanden, die Leere schaute an sich herunter und sah den Körper. War er nun in einer Spiripsychose (durch Überidentifikation mit der Leere als neues Ich-Objekt) oder war er tatsächlich angekommen? Das weiss vielleicht immer nur der Mensch selber? Dieser wahrnehmende Mensch, der sich jetzt "ich" nennt, nutzt jedenfalls seine Egolosigkeit mittlerweile als Technik, um sich bestimmten Ich-Anteilen entweder willentlich hinzuwenden (wenn sie konstruktive Lösungen für Lebensprobleme anstreben, z.B. bei Hunger: "Ich will kochen, muss aber zuerst einkaufen gehen und darf dafür den Corona-Mundschutz nicht vergessen") oder sie nicht zu groß aufzublasen, wenn mich ihre (evtl. traumatisch inspirierten) Themen zu sehr stressen (z.B. bei Minderwertigkeitskomplex: "warum mag man mich nicht, was ist falsch an mir?"). Auch jener Ich-Anteil, der immer wieder gerne auftaucht mit seiner paranormal-paranoiden Frage "Wer bin ich, wer IST ich, was BIN ich bloß?", kann dadurch nicht mehr zur psychotischen Dissoziation entgleisen, sondern wird aus der Leere als eine historisch konditionierte Stimme (die Figur "spiritueller Sucher") erkannt, die einfach redet und redet und redet, ohne jemals zu kapieren, dass der Spiegel, in den sie hineinredet, absolut leer ist, ohne Hintergrund, nur ein Loch! Was für ein merkwürdiges Lebensgefühl heutzutage nach so vielen Jahren überflüssiger Selbstsuche: befreit von den Geistern MIT den Geistern zu leben! So wie sie niemanden mehr zum Erschrecken vorfinden, so ist auch niemand mehr da, der sie töten müsste. Alles führt ein spontanes, paralleles Eigenleben: die bedürfnislose totale Stille und die vielen Ichs mit ihren extrem widersprüchlichen lauten Bedürfnissen. Hätte ich noch mein manisch-panisches Ego im Zentrum der Wahrnehmung, wäre der Mensch davon restlos überfordert: es würde mich von innen wie ein Virus auffressen oder sogar in den Selbstmord treiben. Das Leben OHNE MITTE ist eine Erlösung vom Ego, OHNE ZUERST biografische Traumata lös(ch)en zu müssen, um sich die Befreiung anständig ordnungsgemäß zu verdienen! Wäre ich ein berühmter Psychiatrie-Professor geworden, dessen Stimme von konservativen Kritikern "spiritueller Suche" ernst genommen würde, hätte ich mein gesamtes Lebenswerk darauf ausgerichtet, eine Reform in der klinischen Sicht auf Ursachen geistiger Störungen anzustreben (auf die simple Formel gebracht: nicht das Trauma muss weg, sondern das EGO, das ein Trauma HAT), aber da ich nunmal leider nur zu der gebrandmarkten Gruppe "ehemaliger Patienten" zähle, begnüge ich mich damit, aus der randlosen Randzone der Gesellschaft heraus solche Artikel wie diesen zu verfassen, wenn sie von selbst passieren, und einem sozialen Job nachzugehen, für den ich früher weder Kraft noch Kompetenzen gehabt hätte, da "ich" noch gar nicht wirklich "da" war, um die Welt zu spüren. Neuerdings spiele ich wieder Klavier (Nondualjazz.de); denn es ist mir jetzt endlich nach 30 Jahren Abstinenz möglich, die Finger so frei über die Tasten hinweg gleiten zu lassen, wie ich es damals schon visionierte, als ich noch jemand war, der alles aus seinem Ego heraus MACHEN wollte (noch schlimmer: um "sich" darin dann "selbst" zu finden!) - anstatt es geschehen zu lassen...

 


Autor: Tom de Toys, Erstveröffentlichung für die LDL am 1.6.2020; Preview aus seinem neuen Buch "DAS TABU DER PSYCHIATRIE"

Hervorhebungen (kursiv und fett gedruckt) erfolgten auf Wunsch des Autors
Weitere themenspezifische Publikationen des Autors @ www.neurogermanistik.de :

"MEHR JETZT" (Therapietagebuch), "NULL NERD" (Natürliche Nondualität) und "SENIORENZEN" (Zeitlupenbewusstsein)

 

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2002 hatte die neue Satsang-Bewegung ihren Zenit bereits überschritten. Aus Satsang wurde allmählich Satire, aus Erleuchtung wurde Erschöpfung: das spirituelle Burn-out machte sich breit. Umso leichter wurde es, sich in einen Guru zu verwandeln und Geld mit dem NICHTS zu verdienen. Die LDL macht ab 2020 nur noch BEACH YOGA und empfängt Dich kostenlos ohne Scheinprobleme!

 

"Während ich mir Mühe gab, dem Blick standzuhalten, und immerzu in seine Pupillen starrte, beschlich mich das Gefühl, ins Leere zu sehen. Ja. Da war überhaupt nichts. Da war keine Persönlichkeit. Es war, als säße da eine Hülle, durch deren Einlässe ich direkt ins Vakuum blickte. Niemand. Kein Anhaltspunkt. Kein Widerstand."  Dietmar Bittrich & Christian Salvesen, DIE ERLEUCHTETEN KOMMEN (2002)

 

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