"Du begreifst nicht, daß es Männer und Frauen gibt, die unfähig sind, dich zu unterdrücken oder auszubeuten. Männer und Frauen, die wollen, daß du frei seist, wirklich und wahrhaftig frei.
(...) Du hast Angst vor dem großen Mann, seiner Lebensnähe und Lebensliebe. (...) Du kannst nicht glauben, daß irgendwer, mit dem du an einem Tische aßest oder in einem Hause wohntest, eine große
Leistung vollbringen kann. Deshalb waren alle großen Menschen einsam. (...) Der Entdecker arbeitet zehn, zwanzig, dreißig Jahre lang hart, ohne Unterlaß an seiner Wissenschaft, oder seiner
Maschine, oder seiner sozialen Lehre. Er hat die schwere Last der Riesenneuigkeit ganz allein zu tragen. Er hat deine Dummheiten, deine falschen Ideechen und Idealchen zu erleiden, zu begreifen,
zu zerdenken und schließlich durch seine Taten zu ersetzen. Du hilfst ihm nicht dabei, kleiner Mann! Ganz und gar nicht, im Gegenteil!" (...) Du glaubst es erst, wenn es in der Zeitung steht,
denn deinen eigenen Augen und Sinnen traust du nicht."
Wilhelm Reich, REDE AN DEN KLEINEN MANN (1946)